Kromfohrländer
von der Dürnachweide

Rüde oder Hündin?

Mit freundlicher Genehmigung von Claudia Muxfeldt, Hundetrainerin, Zwinger von der Muggesfelder Heide

Ein Hund soll ins Haus kommen, eine weitreichende Entscheidung!
Hat man sich durch den Rassedschungel gekämpft und sich glücklich für eine Rasse entscheiden, so stellt sich eine weitere wichtige Frage. Soll ein Rüde oder eine Hündin der neue Hausgenosse werden?
Vorweg sei  einmal gesagt, dass beide Geschlechter sowohl Vor-als auch Nachteile haben.
Das wichtigste bei einem Hundewelpen, egal ob Rüde oder Hündin, ist die  Sozialisierung die der Welpe erfährt. So kann ein gut sozialisierter Welpe, der von Anfang an viel menschlichen Kontakt in Form von Zuwendung, Gelassenheit, Fürsorge und  freundlichen Hundebegegnungen erfährt, viel souveräner mit Alltagssituationen umgehen, als wenn das nicht der Fall war.
Hunde aus "Massenproduktionen" oder von Hundehändlern können diese Voraussetzungen schlecht erfüllen.
Nicht nur die Zeit beim Züchter ist wichtig, sondern auch die erste Zeit im neuen Zuhause. Die Weichen werden in den ersten 16 bis 20 Wochen gestellt. Das heißt nun nicht, dass der Welpe nach der 16. bzw. 20. Woche nichts mehr lernt und in den ersten Wochen im neuen Zuhause mit allen Situationen, die im Leben auf ihn zukommen könnten, konfrontiert werden muss. Nein ! ! !  Das wäre purer Stress für einen Welpen. So muss ein Hund, der z. B. auf einem Bauernhof lebt, nicht im Welpenalter mit in ein Einkaufscenter geschleppt werden, wenn das im Erwachsenenalter überhaupt nicht vorkommt. Ein Hund lernt wie ein Mensch lebenslang! ! !  Ein  Welpe ist nur in diesem Zeitraum besonders sensibel. Ein Welpe der gelernt hat seinem Menschen zu vertrauen und die Erfahrung gemacht hat, dass sein Mensch auch auf seine Bedürfnisse achtet, wird auch als erwachsener Hund seinen Menschen problemlos begleiten.
Vor- und Nachteile von Rüden:
Ein Rüde wird nicht läufig und auch nicht ungewollt trächtig, was bei Fahrten in den Urlaub, oder wenn man sonst viel unterwegs ist, ein großer Vorteil sein kann. Zudem sind Rüden, nachdem sie ihre Junghundphase überwunden haben, im Wesen ausgeglichener und beständiger als Hündinnen, da sie den hormonellen Schwankungen durch Läufigkeit nicht unterworfen sind. Dass Rüden generell weniger anhänglich sind  als Hündinnen ist nicht richtig. Maßgeblich hierfür ist, wie der Welpe aufgewachsen ist. Erfuhr der Welpe Geborgenheit, Sicherheit und Nähe beim Züchter und erlebt der Welpe das auch im neuen Zuhause, ist das Geschlecht eher zweitrangig. Ein  Jungrüde sollte enspannte Hundekontakte in einer ausgelichenen Hundegruppe unterschiedllicher Alterszusammensetzung haben. Reine Welpenspielgruppen bei denen nicht auf die biologische Gleichaltrigkeit der Hunde geachtet wird, sind eher ungeeignet, da diese leicht zu regelrechten Stressparties ausarten können.
Ebenso kann durch konsequente (nicht harte ! ! !) positive Erziehung  viel "rüdentypisches Verhalten" in die richtige Bahn gelenkt werden. Gerne zeigen Rüden als Halbwüchsiger ein typisches "Machoverhalten". Die Hormone sprießen, der Kopf spielt verrückt wink. Wird aber durch den Halter geklärt,  dass bestimmtes Verhalten unerwünscht ist, so kann z. B. mit dem Territorialverhalten eines Kromfohrländers  gut umgegangen werden. Den wichtigsten Part spielt hierfür der Halter, der den Hund lenken muss. Nicht eine harte Hand ist beim Kromfohrländer (genaugenommen eigentlich bei keiner Hunderasse) gefragt, sondern eine souveräne gelassene Führung.  So kann auch das Bellen, das Rüde und Hündin gleichermaßen zeigen gut gesteuert werden.
Nicht zu verschweigen ist allerdings, dass ein Rüde, falls er den Duft einer "heißen" Hündin in die Nase bekommt, auch wenn er noch so gut erzogen ist, kaum zu bremsen ist.  Hier schaltet regelrecht das "Hirn"  aus und kaum ein Hindernis vermag ihn zu bremsen.  Wie stark dieses Verhalten ausgeprägt ist, ist von jedoch Rüde zu Rüde unterschiedlich.  So darf man sich von einem "besonders triebgesteuerten"  Rüden nicht zu einem vorschnellen allgemeinen Urteil über Rüden verleiten lassen.  Markierverhalten im eigenenTerritorium  ist für Rüden typischer als für eine Hündin.
Vor-und Nachteile von Hündinnen:
Hündinnen sind anhänglicher und verschmuster, das ist eine landläufige  Meinung, die oft  Interessenten als Grund für eine Hündin angeben.  Das trifft so pauschal nicht zu. Wie bereits vorhin erwähnt,  ist die Welpensozialisierung dafür entscheidend. Wird mit einem Welpen nicht gekuschelt und ein intensiver Kontakt gepflegt, ist es viel schwieriger das fehlende Urvertrauen später noch aufzubauen. In der Erziehung benötigen manche Hündinnen eine weniger konsequente Hand als Rüden. Ich meine damit, dass teilweise weniger in der Erziehung "diskutiert"  werden muss als bei Rüden, wenn es um die Durchsetzung von Interessen geht. Generell kann das aber nicht behauptet werden. Jeder Hund ist verschieden im Charakter, so gibt es auch wirklich sehr bestimmende Hündinnen. Im Wesen sind Hündinnen häufig launischer als Rüden und untereinander "zickiger", was oft mit dem Hormonhaushalt zusammenhängt. Mit der 1-2maligen Läufigkeit pro Jahr und den damit verbundenen Hormonschwankungen muss man auch zurechtkommen.  Auch eine etwaige Scheinträchtigkeit nach der Läufigkeit, ist bei Hündinnen nichts ungewöhnliches. Es handelt sich hier um einen vollkommen  natürlichen Vorgang, der hormonell gesteuert ist. Es ist durchaus möglich, dass läufige Hündinnen regelrecht auf Rüdensuche gehen oder auch die Rüden aus der Nachbarschaft Dauergäste sind. In der Zeit der Läufigkeit muss ein besonderes Augenmerk auf die Hündin gelegt werden. Unüberlegter Freilauf kann gegebenenfalls unerwünschte Folgen haben. Idealerweise verlegt man die Spaziergänge in "rüdenarme" Gebiete.
Fazit:
Jeder Hund, egal ob Rüde oder Hündin,  muss richtig erzogen werden! Ein gutes Mensch - Hund Team entwickelt sich nur mit  positiver, liebevoller und  konsequenter Erziehung. Der Mensch muss ein Verständnis für seinen Hund haben oder entwickeln. Auch Hunde haben Bedürfnisse, die vielleicht nicht immer mit den Verstellungen des Menschen übereinstimmen. So träumt ein Hund wohl eher nicht davon, wie ein verrückter durch einen Agiliti - Parkur zu rasen und einen Pokal zu erringen oder in der Fußgängerzone seinen täglichen Spaziergang zu ertragen. Vermutlich täumt er vielleicht viel mehr von einem Menschen, der liebevoll und achtsam mit ihm umgeht, ihn als Hund in seiner Persönlichkeit akzeptiert, einem gemütlichen Liegeplatz, faul sein zu dürfen, etwas leckeres im Napf zu haben und nicht häufig allein gelassen zu werden.
Gibt es Probleme im Verhalten des Hundes, so liegt das eigentlich fast  immer am Halter, der im entscheidenden Moment nicht richtig gehandelt hat und fast nie am Geschlecht.

©Claudia Muxfeldt, Hundetrainerin, Zwinger von der Muggesfelder Heide